blank picture
concept
fotostracts, fotofantastics und fotograffiti
nennt der Bildkunst-Designer Hajo Blank seine neuen fotokünstlerischen Arbeiten, in denen er die Wirklichkeit auf ungewöhnliche Weise verwandelt. Ihn interessiert weniger die ästhetisierte oder perfektionierte Wiedergabe erwarteter oder ersehnter Wirklichkeit. Viel mehr fasziniert ihn ein erweiterter Blick auf die Dinge, der unsintuitiv neu sehen, empfinden und auch denken lässt.
Die Arbeiten wirken auf verblüffende Art imaginär und vertraut zugleich – andere wiederum nahezu abstrakt. Es sind von der ursprünglichen Realität losgelöste, eigenständige Bildwelten, in denen die Grenzen zwischen Bekanntem und Phantastischem oder Gegenständlichem und Abstraktem verfließen oder gänzlich aufgehoben scheinen.
Ausschnitte, Details, Fragmente und Spiegelungen dienen als visuelles Rohmaterial, werden entweder extrahiert und neu interpretiert oder in irreale Bildwelten verwandelt, hinter denen sich die realen Sujets lediglich erahnen lassen.
fotostracts, fotofantastics and fotograffiti
Hajo Blank’s new photographic artwork deal with the transformation of reality in unexpected ways. Rather than being concerned with an overly aestheticized, perfected reproduction of expected or longed-for reality, this body of work explores Blank’s fascination with an expanded view of things that provokes us to see, feel and think intuitively. Cuttings, details, fragments and reflections serve as visual raw material. These are either reinterpreted and alienated by extracting or transformed into unreal pictorial worlds, made abstracted and ambiguous so that the original subjects and themes can only be guessed at.
Simultaneous some of his works evoke a sense of the imaginary and the familiar others however seem to be almost like abstract paintings.
Within the work of Hajo Blank, the boundaries between the known and the fantastic, abstract blur allowing the seemingly irrelevant to reveal its hidden beauty and creating new connotations.
Vielgestaltiges Sehen
Jeder sieht anders – jeder sieht etwas anderes. Wir sehen stets mehr, aber auch weniger als jeweils zu sehen wäre. (Nur etwa ein zehntel der Informationen für das was wir zu sehen glauben stammt von unserem Sehsinn, dem Auge. Die Mehrzahl der Informationen liefern unterschiedliche Bereiche unseres Gehirns.) Aus unserer vorwiegend persönlichen Perspektive versuchen wir, uns die Welt zu erschließen, immer verstehen wollend als auch interpretierend. Dabei haben wir es nie mit der Realität an sich zu tun, sondern mit Bildern und Deutungen derselben. Diese sind subjektiv vielgestaltig, aber auch durch unsere bewertenden individuellen und gemeinschaftlichen Weltbilder selektiv und begrenzt.
Unser Sehen ist nach außen als auch nach innen gerichtet, es ist erwartungsgeprägt und vorausahnend. Wir können etwas „als etwas“, „in etwas“ oder „durch etwas“ sehen. Es erlaubt uns einzublicken, durchzublicken, einzusehen, zu erinnern, zu verdrängen oder zu fantasieren. Und es löst – sich mit dem Unterbewussten verbindend – Gefühle und Empfindungen aus.
„Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, neue Landschaften zu suchen, sondern mit anderen Augen zu sehen.“ (M. Proust)
Erwartungsgeprägtes Sehen
Wird uns eine neue Wirklichkeit präsentiert, neigen wir dazu, sie mit den in uns existierenden Bildern und Vorstellungen, mit dem von uns Gewohnten und bereits Bewehrten, in Übereinstimmung zu bringen. Wie lange zögern wir, ein uns ungeläufiges oder gar fremdartig erscheinendes „Bild“ so gelten zu lassen, wie es vor unseren Augen erscheint?
Das Fotostract napoli wirkt gleichermaßen unwirklich erdacht wie realistisch vertraut. Seine Bildbestandteile scheinen allein nach ästhetischen Gesichtspunkten arrangiert zu sein. Linien, Flächen, Strukturen und Muster unterschiedlicher Art und Herkunft, Lichtreflexe und der wie eine Filmszene erscheinende Hintergrund korrespondieren in ungewohntem Zusammenspiel. So wie in einer Collage, bei der durch das Zusammentreffen diverser aus ihrem ursprünglichen Kontext gelöster Realitäten ein neues Ganzes entsteht. Die nun auf ungewohnte Weise interagierenden Bildelemente geraten in neue Spannungsfelder. Die ursprüngliche Situation der originalen Aufnahme wurde so neu in „Szene“ gesetzt. Für den Betrachter ergeben sich noch nie hergestellte Verflechtungen verschiedener Assoziationen.
Im Zwielicht
„Wir leben in einem Zwielicht des Bewusstseins, uns nie dessen sicher, was wir sind, oder dessen, was wir zu sein glauben.“ (Fernando Pessoa)
Wir stehen täglich im Konflikt zwischen Selbstverwirklichung und Anpassung, zwischen unseren ureigenen Bedürfnissen und den vermeintlichen Erfordernissen unserer Um- und Mitwelt – oder anders ausgedrückt: zwischen dem, wonach uns ist und dem, das nicht sein darf. Unsere "Schatten" markieren solche Schnittstelle. Was wären wir ohne unsere Schatten? Sind es vorrangig diese, über die wir wahrgenommen werden? Wären wir ohne sie? Erscheinen unsere "Schatten" bedeutender als wir selbst? Was sagen sie über unsere wirkliche Größe? Verdecken sie unser eigenes Selbst? Verstecken wir uns hinter unseren „Persona Masken", um ungestört und konzentriert unsere Rollen spielen zu können?
Fühlen wir uns geschützter, wenn wir nur Gedanken, Gefühle, Neigungen, und Phantasien vor anderen verbergen? Ist unser Leben nur „… ein Schatten, der vorüber streicht.“ (W. Shakespeare) – ,ist er das was bleibt?
Rückblickendes und vorausahnendes Sehen
Sind es die Abdrücke von Neil Armstrong? Wer begleitete ihn auf seinem Ausflug? Wurde Monderde auf unseren Planeten geholt, um mit ihr an einem neuzeitlichen Arkadien zu experimentieren? Oder sind es Abdrücke in ganz gewöhnlichem irdischen Sediment? Stammen sie von Fantasten, auf der Suche nach dem Paradies, nach einem Arkadien, von dem Poeten wie Vergil, Sannazaro, Hölderlin und Goethe schwärmten? Stammen sie von Enthusiasten, die von der antiken Welt Griechenlands und ihrer Mythologie fasziniert, von den Epen Homers (die von menschlichen Abgründen, von Betrug, Eifersucht, Rache, Inzest und Kindesmord berichten) erschaudern und gleichsam in ihren Bann gezogen werden?
Stammen sie von besorgten Zeitgenossen, die darüber erschrecken, dass frühere Hochkulturen, wie das glanzvolle Mykene, so plötzlich untergingen und wie deren Systeme durch selbst verursachte Krisen, zahllose Kriege, starke wirtschaftliche Abhängigkeiten, Klimaänderungen, Erdbeben oder Seuchen kollabierten? Geblieben sind zahlreiche Spuren menschlicher Existenz als auch menschlichen Scheiterns.
Welche unserer Abdrücke werden für spätere Generationen von Interesse sein?
Transformation
Ist es abstrakte Kunst oder Fotografie? In der Fotografie geht es um den isolierten Augenblick, um die Gegensätze von An- und Abwesenheit, um visuelle Zweideutigkeit oder das Besondere im Allgemeinen. Nichts von dem findet sich im künstlerischen Konzept „fotostract“. Hier beginnt der eigentliche und entscheidende künstlerische Vorgang mit der Gestaltung des fotografischen Rohmaterials–, nachdem das Kameraauge das ausgewählte Sujet fixiert hat.
Durch Experimentieren und zahllose Entscheidungen wird das Ausgangsmaterial so lange verändert bzw. transformiert, bis das Ergebnis der angestrebten souveränen Bedeutung, der neuen ästhetischen Bildabsicht, entspricht. Dabei entfernt es sich immer mehr vom Sujet und damit aus dem ursprünglichen und geläufigen Kontext. Durch Ihre künstlerische Eigenständigkeit erhalten die „Transformationen“ im Verhältnis zur Wirklichkeit einen/ihren speziellen Status. Der Unterschied zwischen freikünstlerischer Gestaltung und Fotografie wird unscharf, scheint aufgehoben.
ixa
Das Universum existiert (neben den wenigen kosmischen Konstanten) durch ein Zusammenspiel von Ordnungen und unendlich vielen Zufällen. Es gibt regelmäßig ablaufende Prozesse als auch Phänomene neben einer Berechenbarkeit. Das was wir als Paradies bezeichnen gelingt nur in „harmonisch gestimmten Orchestern“ in fein abgestimmten Systemen unter konstanten Bedingungen.
Der Wunsch nach Ordnung und die Suche nach Gesetzmäßigkeiten befriedigt unsere Sehnsucht nach Berechenbarkeit und Stabilität. Paradiese sind Idealzustände. Auf Ordnung folgt Zerfall, auf Chaos Neu- oder Restrukturierung. Alle diese Zustände sind Teile eines größeren (kosmischen) Systems im zyklischen Werden und Vergehen. Alles ist in Allem bereits in jedem dieser Zustände im Ursprung enthalten. Meine ikonografischen Kosmen beinhalten Harmonien, Rhythmen, Spannungen und Zufälligkeiten. Sie sind somit ein Abbild kosmischer Wirklichkeit.
Metaphorisches Sehen
Graffiti-Botschaften oder -Verewigungen begleiten uns seit mehreren Jahrtausenden: Seien es die Darstellungen der australischen Aborigines, die seit vierzigtausend Jahren in gleicher Weise mit Blut, Lehm und Asche auf den Fels gestrichen werden; seien es die in Stein gekratzten „Statements“ französischer Tempelritter, die nach der Einkerkerung ihren Peinigern den Tod wünschten; seien es die Graffiti-Signaturen (Tags) mit denen die Gangs amerikanischer Großstädte seit den 30ger Jahren ihre Reviere markieren; seien es die „geistigen Ergüsse“ und Kritzeleien mit denen Besucher(innen) bereits in der Antike die Wände öffentlicher Toiletten „schmückten“; oder seien es Touristen und „Wallfahrer“, die sich mit dem Hinterlassen ihrer Namen oder deren Kürzel im Sinne von „ich war hier“ verewigen. Meist handelt es sich spontane, in einem persönlichen, sozialen oder politischen Kontext stehende Äußerungen mit mehr oder weniger künstlerischem Anspruch. Ganz anders verhält es sich bei den „fotograffiti“. Diese sind kleine ikonografische Kosmen, die zu neuer künstlerischer Realität werden.
Entschleunigtes Sehen
Unser Sehen wird iimmer schneller, ökonomischer, und damit leider auch oberflächlicher. Immer mehr Informationen fluten unsere Hirne. Externe Bilder, häufig künstlich erschaffen, überlagern, verdrängen oder ersetzen ein unmittelbares, direktes Wahrnehmen oder spielerisches Entdecken der uns umgebenden Wirklichkeit. Oft begnügen wir uns mit einer oberflächlichen, mehr oder weniger vorurteilbehafteten Wahrnehmung. Dabei gibt es jederzeit und überall unglaublich vieles zu entdecken und auch mehr zu sehen, als wir vermuten. Durch eine entschleunigte Wahrnehmung, durch genaueres und intensiveres Hinsehen können sich uns ungeahnte Welten eröffnen, Welten die faszinieren und unseren Horizont erweitern, Welten die uns zuweilen irritieren oder sich unserer Logik entziehen.
Dort, wo etwas offen bzw. unerzählt bleibt, kann Raum für Neues entstehen: für neue Gedanken und Fantasien, die uns – im Großen wie im Kleinen – beflügeln.
Nehmen wir uns Zeit, um aufmerksamer wahrzunehmen, deutlicher zu erkennen, tiefer zu empfinden und intensiver zu genießen!
Visionäres Sehen
Verstehen wir, was wirklich ist? Erahnen wir, was künftig sein wird? Werden Autokratien oder Anarchie und Chaos einer selbstsüchtigen Umweltzerstörung folgen? Werden wir die Kontrolle über unser Tun verlieren? Alles ist möglich, auch der schnelle Untergang unserer Zivilisation. Mit welche Empfindungen, welchem Denken und Handeln werden wir eine Zukunft haben? Welchen Sinn werden wir uns geben? In was für einer Welt wollen wir leben? Es ist unsere Aufgabe, Fortschritt, Wohlergehen, sinnvolle Lebensinhalte und Glück neu zu definieren und unser Mensch-Natur-Verhältnis harmonisch zu gestalten. Es ist an uns, weltweit attraktive Visionen zu formulieren, davon abgeleitet zivilisatorische Alternativen zu entwickeln und entsprechende Vorbilder zu schaffen. Wissenschaft und Technologie können keine Antwotzen auf ethische Fragen und Lebenssinn geben. Dient Wirtschaftswachstum vor allem einem "weiter so"? Es bedarf neuer gesellschaftlicher Modelle und neuer ethischer Standards für ein menschenwürdiges, solidarisches Miteinander – jenseits von Gier, Hypermacht und Diktat. Kunst kann tieferen Wahrheiten Ausdruck verleihen und uns beflügeln, kreativer, mutiger, weitblickender und mitfühlender zu werden.
JavaScript is turned off.
Please enable JavaScript to view this site properly.